Projektabschluss

Regionaler Stromhandel auf digitalem Marktplatz

Ob Photovoltaik auf der Fertigungshalle, kommunale Windkraftanlage oder Dachsolar auf dem Eigenheim – Stromerzeugung wird durch die Energiewende dezentraler. Die Vorteile dieses dezentralen und direkten Stromhandelssystems sollen durch einen digitalen Marktplatz genutzt werden. Dies Realität werden zu lassen war das Ziel des Projektes „Blockchainbasiertes dezentrales Energiemarktdesign und Managementstrukturen“, kurz BEST. Um dieses Vorhaben voranzutreiben, startete im Frühjahr dieses Jahres der Praxistest im Raum Euskirchen.
Projektabschluss BEST
Die BEST-Projektpartner bei der Abschlussveranstaltung: Gemeinsam wurden innovative Lösungen für einen digitalen Marktplatz für dezentralen Stromhandel entwickelt.

Im Projekt „BEST – Blockchainbasiertes dezentrales Energiemarktdesign und Managementstrukturen“, wurde ein Strommarktbietersystem (SMBS) auf Basis einer Blockchain und als Open-Source-Software entwickelt. Ziel des Vorhabens war, das Stromhandelssystem nicht nur theoretisch zu planen, sondern auch erfolgreich in die Nutzung zu bringen. Das SMBS wurde unter Beachtung der Open-Source-Kriterien entwickelt und bleibt somit offen, transparent und nachvollziehbar, sodass es für zukünftige Forschung und Anwendung reproduzierbar ist.

Bei diesem Projekt arbeitete fortiss, unter der Leitung des Berliner Reiner Lemoine Institut (RLI), gemeinsam mit Expert*innen des Fraunhofer-Instituts für offene Kommunikationssysteme (FOKUS), des Digitalunternehmens OLI Systems, der Hochschule Weserbergland, des Energiedienstleisters e-regio und der Energieforen Leipzig für Wissenstransfer in der Energiewirtschaft.

An dem bis 30. September 2024 andauernden Praxistest sind verschiedene Akteure wie Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und private Haushalte aus dem Versorgungsgebiet von e-regio im Kreis Euskirchen beteiligt. Ihr Strom wird testweise auf einem digitalen Marktplatz gehandelt.

Strom regional erzeugen und regional verbrauchen

Das Prinzip: Wird in einer Region besonders viel Strom aus erneuerbaren Energien (EE) erzeugt, ist es möglich diesen am regionalen Strommarkt günstig anzubieten und genau dann zu verbrauchen, wenn er entsteht. Bei großflächiger Anwendung stabilisiert dies das Energiesystem, reduziert den Bedarf und die Kosten für den Netzausbau und macht die Energiewende kostengünstiger. Vor allem Betriebe, öffentliche Einrichtungen und private Haushalte profitieren so finanziell von der Transformation im Energiemarkt, indem sie den günstigen grünen Strom aus der Region automatisiert dann nutzen, wenn er erzeugt wird.

Das Stromhandelssystem funktioniert auf zwei Arten: personalisierter P2P-Energiehandel ohne Zwischenhändler und das zentrale Handeln auf einem Marktplatz. Um die Akzeptanz des personalisierten P2P-Energiehandels zu verbessern, hat das fortiss Kompetenzfeld Human-centered Engineering (HCE) die potenziellen interaktiven und kollaborativen Möglichkeiten im Energiesystem aus einer benutzerzentrierten Perspektive untersucht und hoch personalisierte Stromverbrauchsprofile erstellt. Die Teilnehmer können entsprechend ihrer Stromverbrauchsprofile Gemeinschaften (Pools) bilden und "peer to peer" handeln. Die von fortiss entwickelte Pooling-Plattform ermöglicht einen personalisierten Energiehandel unter Wahrung der informationellen Selbstbestimmung der Nutzer*innen, insbesondere im Hinblick auf ihre Persönlichkeitsrechte und den Schutz ihrer Privatsphäre, indem sie diese in kompatible Gruppen einteilt und geeignete Handelsstrategien auswählt. Die Pooling-Plattform teilt Nutzer*innen mit kompatiblen Profilen in Pools ein und wählt geeignete Gebotsstrategien aus, um Reststrommengen auszugleichen, Energieeffizienz zu erreichen und Energiedemokratie zu fördern.

Die Vorhersage von Stromverbrauch und -erzeugung, die Betriebssteuerung unter Berücksichtigung von individuellen Vorgaben sowie das Erstellen und Senden von Geboten übernimmt eine eigens im Projekt entwickelte Software. Dazu erstellte fortiss ein Prognosemodell, das auf Zeitreihenanalyse und Maschinellem Lernen (ML) basiert, und Algorithmen zur Optimierung des Energiehandels. Diese Werkzeuge ermöglichen eine präzise Vorhersage von Stromverbrauch und -erzeugung sowie eine intelligente Steuerung des Energiehandels, wodurch wirtschaftliche Vorteile maximiert werden können. Strom, der nicht so gehandelt wird, kann auf einem Marktplatz angeboten werden. Ein Energiedienstleister wie e-regio beschafft Reststrommengen, die regional nicht verfügbar sind oder verkauft überschüssigen Strom, der regional keine Verwendung findet, an der Strombörse. Damit ist die Versorgungssicherheit jederzeit sichergestellt. Die verwendeten Algorithmen sind teilweise als Open-Source deklariert und können zum Projektabschluss auf der Codehosting-Plattform Github eingesehen werden. Zur sicheren Übermittlung der abrechnungsrelevanten Daten wird auch die Anwendung von Smart Meter Gateways im Kontext des Projekts getestet.


BEST geht in die Praxis

BEST wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert und hatte eine Gesamtlaufzeit von fast vier Jahren. Mit dem Praxistest in Euskirchen wird das Projekt im September endgültig abgeschlossen. Die Erkenntnisse von dort sollen helfen, offene Fragen für den Betrieb lokaler Strommärkte zu klären: Welche Anforderungen haben Unternehmen an einen solchen Markt? Wie lassen sich die Kosten der IT-seitigen Anbindung reduzieren und Prozesse vereinfachen? Wie wirken sich unternehmensspezifische Anforderungen auf Potenziale zur Flexibilisierung aus? In jedem Fall werden die Ergebnisse zur geplanten und gewollten Energiewende beitragen.  

Zusammengefasst treibt das Projekt BEST in Verbindung mit fortiss' Beitrag die Energiewende voran. Dies wird durch die von fortiss-Expert*innen entwickelten Prognosemodelle und die Zusammenarbeit mit der Poolingplattform ermöglicht. Die entwickelten Tools, Demonstratoren und das daraus gewonnene Wissen können in zukünftigen Projekten, insbesondere im Bereich des effizienten und nachhaltigen Energiemanagements, eingesetzt werden. Dadurch eröffnen sich für zukünftige Partner aus Industrie und Forschung wertvolle Vorteile und Potenziale.

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